Die Orphan Drugs im AMNOG
Die Versorgung mit neuen Medikamenten bei seltenen Erkrankungen ist in Deutschland nach wie vor vorbildlich. Nach der neuesten Analyse des europäischen Pharmaverbands (EFPIA) belegt Deutschland mit 90% den ersten Platz bei der Verfügbarkeit von Orphan Drugs.
Das gute Abschneiden ist jedoch kein Zufall. Beim AMNOG-Verfahren wurde von Beginn an die Notwendigkeit mitgedacht, die besondere Situation bei Orphan Drugs zu berücksichtigen. Diese Medikamente müssen bereits im Rahmen der Zulassung zeigen, dass sie einen signifikanten Nutzen gegenüber Vergleichstherapien – sofern überhaupt vorhanden – haben, um den Status eines Orphan Drugs zu erlangen. Ihr Zusatznutzen gilt daher im AMNOG als belegt; der G-BA prüft in diesen Fällen allerdings, wie hoch der Zusatznutzen ist. Auf dieser Grundlage finden dann – wie bei allen anderen Medikamenten – die Erstattungsbetragsverhandlungen statt. Diese speziellen AMNOG-Vorgaben gelten, bis die Medikamente innerhalb von 12 Monaten einen Umsatz von 30 Mio. Euro erzielen. Sobald ein Orphan Drug diese Schwelle überschreitet, wird es rechtlich wie alle anderen Arzneimittel behandelt und stellt sich einer erneuten Nutzenbewertung mit anschließender Erstattungsbetragsverhandlung. Die AMNOG-Regelung ist somit eine logische Umsetzung der EU-Verordnung und stellt zugleich einen reibungslosen und schnellen Zugang der Orphan Drugs hierzulande sicher.
Dies wird in einer Bestandsaufnahme der Orphan Drug-Regulierung und der Versorgung in Deutschland bestätigt. Demnach erweisen sich nicht nur die aktuellen Rahmenbedingungen für die Zulassung von Orphan Drug als effektiv. Auch das AMNOG-Verfahren mit seiner speziellen Regelung für die Orphan Drugs wird als geeignet eingestuft. Auffällig ist dabei die Herausforderung, den Zusatznutzen der Orphan Drugs mit der Bewertungsmethodik des AMNOG zu quantifizieren. In der Analyse wird daher u.a. angeregt, die besonderen Umstände der Evidenzgenerierung bei seltenen Erkrankungen bei der Nutzenbewertung besser zu berücksichtigen. Zugleich werden aber auch Potenziale bei der Nutzung bestehender Verhandlungskompetenzen und innovativer Vergütungsmodelle gesehen.
PDF-Download "Monitor Versorgungsforschung":
Analyse von Orphan-Drug-Verfahren in der frühen Nutzenbewertung: RCTs versus best-verfügbare vergleichende Evidenz
In einer aktuellen Untersuchung wird die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Besonderheiten seltener Erkrankungen im AMNOG nochmals bestärkt. Insbesondere angesichts der niedrigen Patientenzahlen bei bestimmten seltenen Krankheiten wird dabei hervorgehoben, dass die bestverfügbare vergleichende Evidenz sorgfältig geprüft und zur Beantwortung der Fragestellungen der Nutzenbewertung herangezogen werden sollte.
Hierfür sind gemeinsame Anstrengungen zur Entwicklung einer adäquaten Methodik unter Anerkennung einer situativ angemessenen Ergebnissicherheit notwendig.